Für Wouter Huitzing ist jede lange Tour wie ein kleines Abenteuer

Es ist schon eine Leistung, den 101 km langen Dutch Mountain Trail in mehreren Etappen zu wandern. Aber es geht auch schneller! Der Trailrunner Wouter Huitzing lief die gesamte Strecke in 11 Stunden, 20 Minuten und 22 Sekunden. Neben diesem Rekord hält er auch den Pieterpad-Weltrekord: 498 Kilometer in 98 Stunden und 16 Minuten. Wouter ist fünffacher niederländischer Meister im Adventure Racing und nimmt an Rennen in ganz Europa teil. Natürlich wollen wir mehr darüber wissen!

 

Wouter, was genau ist Trailrunning? Ich glaube, viele von uns wissen darüber noch nicht allzuviel.

Kurz und knapp ist Trailrunning ein anderer Name für das Laufen abseits ausgetretener Pfade.

Wie kamst du zu diesem Sport?

Seit 2004 betreibe ich Adventure Racing. Am Anfang nur in den Niederlanden, aber inzwischen mache ich das schon seit Jahren überall auf der Welt. Adventure Racing ist ein multidisziplinärer Mannschaftssport, bei dem Laufen, Mountainbiken, Kanufahren und Navigieren die Grundelemente sind. Man ist meist in Teams von 2 oder 4 Personen unterwegs. Die Wettbewerbe dauern zwischen 8 und 24 Stunden in den Niederlanden und bis zu 7 Tage nonstop weltweit. Bei solchen Rennen habe ich festgestellt, dass ich oft der stärkste Läufer war. Oft musste ich mein Tempo anpassen, oder ich half meinen Teamkollegen, indem ich zusätzliches Gepäck trug. All das brachte mich auf die Idee, einen Ultratrail zu laufen, um zu sehen, wie es mir dabei gehen würde. Als meinen ersten Ultratrail wählte ich den Spine Challenger, einen Ultratrail von etwa 180 Kilometern im Winter in England. Mein Ziel war es, innerhalb von 60 Stunden ins Ziel zu kommen. Aber zu meiner eigenen großen Überraschung beendete ich das Rennen ohne wirkliche Anstrengung in 33 Stunden. Da hatte ich Blut geleckt. Im Jahr darauf gewann ich das Rennen.

Was macht diesen oft extremeren Ausdauersport für dich so interessant?

Ich mag es, dabei meine Grenzen auszuloten. Aber eigentlich geht es vor allem darum, es die ganze Zeit zu genießen. Unterwegs zu sein, neue Dinge zu sehen und zu erleben. Jeder lange Lauf, ob es nun ein Rennen ist oder etwas, das ich mir selbst ausgedacht habe, ist wie ein (kleines) Abenteuer. Und das ist das Beste daran, jedes Mal ein Abenteuer zu erleben!

Du hast schon etliche Erfolge als Trailrunner vorzuweisen. Warum hast du dir den Dutch Mountain Trail vorgenommen?

Ein anspruchsvoller Bergpfad in den Niederlanden? Das musste ich einfach sehen. Mir wurden zweitausend Höhenmeter über eine Entfernung von 101 km versprochen, und zwar in den Niederlanden. Außerdem führte das letzte Stück durch den ENCI-Steinbruch und über den Sint-Pietersberg, und daran habe ich sehr gute Erinnerungen. Und ich muss sagen, der DMT hat geliefert. Ein schöner Weg mit anspruchsvollen Abschnitten. Ich hatte tatsächlich das Gefühl, dass ich die ganze Strecke im Ausland gelaufen bin. Verwunderlich ist das nicht, denn ich selbst wohne in der flachen Region Randstad im Westen der Niederlande.

Welcher Teil des Weges gefiel dir am besten?

Ich fand einige der Etappen richtig schön. Es war wie ein kleiner Urlaub im Ausland. Die Ausgangssperre war gerade aufgehoben worden, und wir durften wieder frei mit öffentlichen Verkehrsmitteln reisen. Mit den ersten 10 km war ich sehr zufrieden. Ich hatte auf die Karte geschaut und dachte, ich würde durch eine Art Park in Kerkrade laufen. Aber ganz im Gegenteil: Es war ein schönes Waldgebiet mit anspruchsvollen Abschnitten. Auch die Gegend um Vaals ist großartig, ebenso wie der Abschnitt nach Gulpen und dann weiter zum Voerstreek. Auf dem letzten Stück entlang der Maas, über den Observant, durch den ENCI-Steinbruch und über Sint-Pietersberg gab es dann viele Abschnitte, an die ich mich mit Freude zurück erinnerte. Eigentlich habe ich die ganze Reise genossen. Natürlich gibt es immer schönere und schwächere Momente. Aber ich würde den DMT jedem empfehlen, und ich werde ihn auf jeden Fall wieder machen. Vielleicht nächstes Mal als eine ruhige Wanderung mit Biwaks.

Gab es denn für dich dabei irgendwelche Herausforderungen?

Ich wollte den DMT hundertprozentig selbstständig laufen und keine Verpflegung oder Läden in Anspruch nehmen. Ich laufe oft im Ausland und meist dann wirklich hundert Kilometer durch die Berge, mit nichts außer Bächen. Das wollte ich hier auch probieren und beschloss daher, nur öffentliche Wasserhähne zu benutzen. Ich hatte vorher im Internet nachgesehen, aber nur der Wasserhahn in Eijsden ist tatsächlich auf dem DMT. In Vaals und Gulpen musste ich den Weg für eine Weile verlassen und zurückkehren. Das bringt zusätzliche Kilometer (und im Fall von Gulpen auch einen kräftigen Anstieg). Außerdem hatte ich ab Gulpen nicht das beste Wetter und bin etwa dreißig Kilometer im strömenden Regen gelaufen. Ich war auf Regen gut vorbereitet, aber hauptsächlich während des eigentlichen Laufs. Das war dann auch ok, aber ich machte mir etwas Sorgen wegen der Rückfahrt im Zug, wo ich zwei Stunden lang durchnässt sitzen musste. Das ist nicht gut, denn sobald man aufhört, sich zu bewegen, kühlt man schnell aus. Letztendlich hatte ich Glück: In der Nähe von Eijsden kam die Sonne wieder heraus und ich konnte die letzten fünfzehn Kilometer gut abtrocknen. Außerdem verursachte der starke Regen Überschwemmungen auf dem Weg und in den Hohlwegen. Manchmal hatte ich das Gefühl, durch einen Bach zu laufen, anstatt auf einem Pfad zu sein. Dies ist etwas, was ich in meinem täglichen Training in der flachen Randstad nicht gewohnt bin.

Du investierst das ganze Jahr über unglaublich viel Zeit in Trailrunning und betreibst den Sport sehr professionell. Verdienst du damit deinen Lebensunterhalt?

Abenteuersport und Trailrunning sind meine Leidenschaften, aber leider gibt es in den Niederlanden dafür kein Geld. INOV8, Compressport und Ultimate Direction versorgen mich jedes Jahr mit Schuhen, Kleidung und Material, wofür ich sehr dankbar bin, aber ansonsten trage ich alle Kosten selbst.

Wäre es denn noch deine Leidenschaft, wen du es zu deiner Arbeit machtest?

Um ehrlich zu sein, ich weiß es nicht. Ich hatte immer einen normalen Bürojob neben meinen Hobbies. Da ich 32 Stunden arbeite, hatte ich immer einen Tag pro Woche frei, um zu trainieren oder auszugehen (was auch eine Art von Training ist). Als ich vor etwa eineinhalb Jahren einen Sohn bekommen habe, wurde es etwas schwieriger, jede Woche irgendwohin zu fahren, um eine ordentliche Strecke zu laufen (oder zu radeln).

Was planst du als nächstes?

Am ersten Juliwochenende wurde ich zum fünften Mal niederländischer Meister im Adventure Racing. Anfang September fahre ich nach Dänemark, um an der Europameisterschaft im Adventure Racing teilzunehmen, und Anfang Oktober geht es dann nach Spanien zur Weltmeisterschaft. Ich hatte dieses Jahr noch viel mehr vor, aber der Corona-Virus hat mir einen Strich durch die Rechnung gemacht. Außerdem möchte ich im Januar 2022 wieder am 431 km langen Spine Race in England teilnehmen. Nach den Weltmeisterschaften möchte ich mit dem Training dafür beginnen. Ich plane auch, den DMT noch zweimal zu laufen, einmal davon nachts.

Hast du noch Tipps für Leute, die auf dem DMT Trailrunning betreiben wollen?

Tut es unbedingt! Viele Menschen lassen sich von den vielen Höhenmetern und der großen Entfernung abschrecken. Aber man weiß erst, ob es einem liegt, wenn man es probiert. Also direkt einen Termin planen und los geht’s. Wenn man sich alleine nicht hundertprozentig sicher fühlt, läuft man zu mehreren oder bittet Familie oder Freunde, einen alle zehn Kilometer mit einem Snack und einem Getränk zu versorgen. Der DMT ist ideal, um unterstützt zu werden: Vielerorts kann man mit dem Auto anfahren, sodass man immer abbrechen kann, wenn es einem doch zu viel wird. Man kann den DMT natürlich auch in Etappen laufen und unterwegs ein paar nette B&Bs buchen.